22. Januar 2024 | Wielandplatz

Der Wielandplatz ist kein typischer Demonstrationsort für Weimar. Da der Theaterplatz wie jeden Montag von den Spaziergängern beansprucht wird, heute Wieland. In die Marienstraße stehen die Menschen, drängen vom Frauenplan, füllen Teile der Steubenstraße, der Amalienstraße. Die Lautsprecher sind schwach, beschallen nur einen Teil des Raums. Es hat geregnet, der Schnee der letzten Tage ist getaut. Selbstgebastelte Schilder, Familien mit Kindern, Fahrradanhänger, man hat vorher bei Fritz Mitte Pommes geholt. Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ordnet in einer Rede die Reaktion der AfD auf die Demonstrationen der letzten Tage ein, deren Vergleichsversuche zu den Fackelmärschen 1933. Am Freitag war ich in Jena, die vielen Tausend vor der Stadtkirche. Hier, an den Orten, denen ich täglich bin, klingt mir NieWiederIstJetzt noch einmal anders in den Ohren. Im Haus der Weimarer Republik war kürzlich ein Vortrag über die Thüringer Landtagswahlen von 1924, der Ordnungsbund damals zusammen mit der Vereinigten Völkischen Liste.

Beim Versuch, auf dem Rückweg den Theaterplatz zu umgehen, gerate ich in den Marsch der Montagsspaziergänger. Trommeln schlagen den Gleichschritt, ein offensichtlich wahres Bild, auch die Fahnen, die geschwenkt werden. Im Nachgang die Traktoren. Dabei sollten die Traktoren nicht hier sein, sie gehören auch an den Wielandplatz. Kleine Kinder sitzen mit in den Fahrerkabinen. Zu viele Minuten, bis der Marsch vorbeigezogen ist.

Beide Kundgebungen sind nur durch ein paar Weimarer Querstraßen getrennt, ein paar Einsatzwagen der Polizei dazwischen, eng beieinander die Wucht, die Wut, die Welten. Ist erst Januar, die dritte Woche eines langen, langen Jahres.

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