Coronamonate. Juli 2021

31. Juli | Coronamonate, ausgestellt

Heute eröffnet die Ausstellung. Wie seltsam, die Worte und Momente an die Wand zu hängen und in Vitrinen zu packen, so, als wären die Coronamonate schon vorbei. Wie beruhigend.

Die Tagebucheinträge sind wie ein Zeitstrahl, eher eine Schneise, die einen Weg durch meine Pandemie schlägt. Vermessen zu glauben, es wäre möglich, etwas so Unübersichtliches und Gewaltiges komprimieren zu können auf einen Gang. Andererseits stellt sich beim Schauen auf die Wände, die Rahmen und Fotos ein tiefes, fast sattes Gefühl der Ordnung ein, so sortiert erscheint die Pandemie gezähmt auf seltsame Weise.

Später die erste Lesung aus den Coronamonaten. In fünfzehn Minuten durch siebzehn Monate. Eine Raffung, die sich auch ein wenig wie ein Ausschlachten der eigenen Beobachtungen anfühlt, gerade bei Auswahl; für jedes Wort, das ich lese, lasse ich hundert weg, für jedes Argument, jeden Eindruck, jede Ambivalenz gilt das ebenso. Auf die gelesenen Einträge wird reagiert. Ich bin überrascht und auch überfordert von den Gefühlen anderer darauf und ich frage mich, weshalb das so ist.

Gestern habe ich das Wort »Corona-Nostalgie« gehört, die Verklärung der ersten Monate. Nostalgie sind die Coronamonate nicht, aber mittlerweile Material. Material, aus dem ich Textblöcke breche, die ich rahme, an denen ich feile und formuliere, Sätze, die nicht mehr die Funktion haben, einen gegenwärtigen Eindruck festzuhalten, sondern die im Rückblick für ein Ganzes stehen sollen. Das verändert meine Worte, ich baue eine Distanz auf. Ich, der geschrieben hat, ist ein anderer als der, der sie auswählt. Ich muss nicht mehr fühlen, ich lektoriere. Mein Corona-Empfinden wird mir beim Ausstellen der Coronamonate fremd, was gut ist, was notwendig ist, was die Überforderung erklärt.

Im Zwischenraum unserer gemeinsamen Ausstellung (Y. stellt wunderbare Foto- und Textarbeiten über Weimar aus) hängen Schnüre, liegen Zettel, stehen desinfizierte Stifte bereit. Wer will, kann eigene Worte zu Corona und der Zeit davor finden. Nach der Vernissage, als die meisten gegangen sind, machen wir einen letzten Rundgang durch die letzten Monate. An der Schnur hängen vier beschriebene Zettel. Sie alle berichten von der Pandemie. Es ist ein Auftakt, etwas Neues, dieses Erinnern, noch während das Große weiterhin geschieht.

Ansonsten: wird es die nächste Woche keinen Eintrag geben. Nach dem 9. geht es weiter. Die Ausstellung ist noch bis zum 26. September auf Schloß Burgk zu sehen.

30. Juli | endlich Covid wie Grippe

Die Stimmen werden harscher. Ein Verhaltensforscher schlägt vor, dass, sollte es erneut zu Triagesituationen kommen, der Impfstatus bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen sollte, weshalb andere ihn Impffaschisten nennen und die Zahlen zeigen, dass der Übertragungsschutz mit den Monaten deutlich abnimmt und allmählich wird zum Allgemeinwissen, dass eine Impfung keinen absoluten Schutz vor einer Infektion garantiert und ich frage mich, wenn ich endlich schreiben kann: Covid ist wie Grippe.

Covid ist wie Grippe, wenn die Mehrheit einen Grundschutz besitzt und die schlimmen Verläufe stattfinden können, aber nicht in überwältigender Zahl und damit das so bleibt, muss sich nur regelmäßig geimpft werden und wer geimpft ist, kann sich anstecken und dem kann es auch ein paar Tage dreckig gehen, aber nicht mehr und wer nicht geimpft ist, der riskiert mehr und je nach Jahr und Saison werden die Zahlen anders sein und es wird auch zu Überlastungen kommen können, aber keine Pandemie mehr, kein Flächenbrand, sondern Covid als Teil des Herbstes und Winter, nicht mehr als Ausnahmezustand.

Wann werde ich das schreiben können, weil schreiben werde ich es müssen, weil ansonsten lebenslang Covid wäre, lebenslang Masken und Wellen und Modelle und Newsticker und dauerhafter Abstand, lebenslang die Coronamonate und das wäre bei aller Hingabe zum Schreiben etwas, dass nicht nur nicht wünschenswert wäre, sondern vollkommen realitätsfern, das Jahr 2020 auf ewig auf alle Jahre legen.

Wann werde ich schreiben, Covid ist eine Grippe, dann, wenn alle geimpft sein können, die geimpft sein wollen und wenn es genug sind, um einen Flächenbrand auszuschließen, wenn es die Kinder sind, ohne dies bleibt Covid keine Grippe, sondern eine Ausnahme, eine Katastrophe.

Ansonsten: Im thüringischen Sonneberg löst das »Bratwurst-Impfen«, mit dem der zunehmenden Impfmüdigkeit begegnet werden soll, löst einen Ansturm Impfwilliger aus. Laut der US-Gesundheitsbehörde ist Delta so ansteckend wie die Windpocken. Wegen stark steigender Zahlen weitet Olympia-Gastgeber Japan den Notstand aus. Die allgemeine Testpflicht für Reiserückkehrerinnen wird beschlossen. Impfpflicht bei Google und Facebook. Peter Sloterdijk schlägt ein Aussteigerprogramme für Querdenkerinnen vor. Weil die deutschen Haushalte nach den Hamsterkäufen gut versorgt sind mit Toilettenpapier, produzieren die Papierfabriken im ersten Halbjahr weniger Toilettenpapier. Mehr als die Hälfte aller Deutschen sind komplett geimpft.

28. Juli | Vorbereitung

Heute Aufbau der kommenden Ausstellung zu den Coronamonaten. Lauter Bilder und Einträge gerahmt, aufgehangen und abgegangen. Wegen Funkloch wenig von der aktuellen Welt mitbekommen.

27. Juli | die aus freien Stücken Ungeimpften

Heute noch einmal den gestrigen Eintrag. Sorge ich mich um die aus freien Stücken Ungeimpften? Warum sollte ich? Sie sorgen sich ja auch nicht um mich. Sie sorgen sich ja um gar nichts, unterstelle ich, sie pfeifen auf uns. Müssen wir Rücksicht auf sie nehmen? Ich übertrage das Virus zu maximal 15%, sie übertragen komplett. Muss ich sie verstehen wollen, begreifen, woher sie ihre Überzeugung nehmen, muss ich mich hineinversetzen, muss ich sie verteidigen, ihr Grundrecht, auf ein Nena-Konzert zu gehen? Muss ich irgendetwas in Bezug aufs Impfen müssen? Ich unterstelle: Wer sich aus freien Stücken nicht impfen lässt, dem ist auch sonst alles egal. Dem war bisher alles egal. Wer keine Zweifel hat bei der Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, wer nicht einen Moment zögert, wer sich nicht doch eine Sekunde lang vorstellt, wie es wäre, ein Marienkäferpflaster auf dem linken Oberarm zu tragen, dem muss ich nichts zugestehen. Der denkt in Telegramm-Großbuchstaben, der rechnet mit Zahlen in Wahrscheinlichkeiten, welche eine Welt abbilden, die meine nicht ist. Der aus freien Stücken Ungeimpfte ist der, der meine Kinder gefährdet. Ist die, die mit ihrem Ungeimpftsein für den nächsten Lockdown sorgen wird. Der für die Folgen des nächsten Lockdowns verantwortlich sein wird. Die anderthalb Jahre aufs Spiel setzt, weil sie sich abgekoppelt hat von der Wirklichkeit. Der, der nicht eine Sekunde schwankt, der keine Gewissensbisse hat, der stolz verkündet, der sich brüstet, der mit seinem Ungeimpftsein Bestätigung bei Gleichgesinnten sucht, der sich deshalb im Clinch sieht mit der Obrigkeit, der Kraft schöpft aus dem, was er vermeidet, der die Nichtaktion als revolutionären Akt wahrnimmt, dem muss ich nichts zugestehen, den kann ich verloren geben, um den muss ich nicht ringen. Der muss mir nichts, ich muss ihm nichts.

Diese Zeilen schreibe ich in der tiefen Nacht, weil ich den Eintrag tags zuvor als unzureichend empfinde. Ich will diese Worte auf öffentlich stellen, entscheide mich so, wie man wie bei allem, was man in tiefer Nacht schreibt, entscheiden sollte, erst einmal dafür, einen Morgen abzuwarten.

Einen Morgen später lese ich, wie ein Arzt in einem Interview sagt, dass er beim Impfen hauptsächlich die weiße Mittelschicht sieht. Ein Text schreibt über die soziale Frage beim Impfen. Dass es auch eine Frage der Sprachen ist, des Ansprechens, wie der Arzt mit den Patienten spricht, »Das Misstrauen sozial Benachteiligter gegenüber dem Gesundheitssystem sitzt tief und hat Gründe. Es geht um Diskriminierung von Menschen mit Migrations- und Klassenhintergrund.«

Ich frage mich, ob mein Blick zu eng ist, zu unversöhnlich. Ob ich diskriminiere, wenn ich pauschal die freiwillig Ungeimpften in einem Satz rasiere, ausklammere, wie Informationen verteilt werden, an wessen Bedürfnissen das Gesunden ausgerichtet ist. Aber ich frage mich auch: Ist es von Bedeutung, aus welchen Gründen sich jemand nicht impfen lässt? Geht es nicht um den simplen Fakt: Geimpft oder nicht? Aber ich frage mich auch: Geht es nicht zuerst einmal darum zu verstehen, warum etwas geschieht? Zu verstehen, warum das Impfen nicht stattfindet? Sollte dieses Verstehen nicht objektiv und gefasst erfolgen, ist das nicht die Grundlage dafür, etwas ändern zu können, etwas besser zu machen?

Das möchte ich denke, deshalb stelle ich den aufgewühlten Nachtzeilen die unzureichenden Morgenzeilen zur Seite.

Ansonsten: 70 Prozent aller Erwachsenen in der EU sind mindestens einmal geimpft. Die Neuinfektionen in den Niederlanden gehen stark zurück. Weil in England in den letzten beiden Wochen fast zwei Millionen Menschen in Quarantäne waren und deshalb die Versorgung teilweise zum Erliegen kam, bietet die Regierung nun tägliche Tests als Alternative zur Selbstisolation an. Der Veranstalter eines Nena-Konzert sagt nach deren Äußerungen zum Hygienekonzept das Konzert ab. Helge Schneider sagt alle seine Strandkorbkonzerte ab.

26. Juli | Pandemie der Ungeimpften II

Weiterhin geht mir dieser Satz nicht aus dem Kopf, die Pandemie der Ungeimpften: neben der Pandemie der gezwungenermaßen Ungeimpften jene der aus freien Stücken Ungeimpften.

Es gehört nicht viel Fantasie dazu, diese Bruchlinie als eine der zentralen Fragen dieser Zeit zu sehen, sie ist es längst. In Deutschland sinken die Impfzahlen rapide, fast überall sind keine Termine mehr für Erstimpfungen notwendig. Wer möchte, dem ist Impfen heute möglich. Was auch bedeutet, dass das Impfen in eine neue Phase tritt, jene, in die die USA längst gerutscht ist: Es gilt nun die zu überzeugen, die sich nicht impfen lassen wollen, aus Bequemlichkeit, aus Überzeugung.

Jemand berichtet von seinen Erfahrungen, wie Menschen zum Impfen gebracht werden können: Impfen im gewohnten Umfeld, von und mit Menschen, die einem vertraut sind, Impfen als Nebenaspekt eines kleinen Events, kleine Ermunterungen, Gespräche führen. Es kostet Zeit, Geld, Energie, positive Anreize, braucht andere Pläne, andere Orte als die großen Impfzentren oder die Hausarztpraxen, zu denen die Impfwilligen von selbst strömen. Der Impfstoff muss zu den Ungeimpften und das ohne Vorbehalte.

Das ist der einfache Teil. Vom komplizierten Teil lese und sehe ich. Ein kalifornischer Mann, der übers Impfen spottet, der schreibt »I got 99 problems but a vax ain’t one«, er stirbt an Covid. Ein anderer Mann, Small-Business-Owner und Jäger, überlebt knapp die Krankheit, wird im Krankenbett gefragt, ob er sich geimpft hätte, wenn er vorher gewusst hätte, was ihn ereilt hat. Der Mann erklärt, dass er sich niemals impfen lassen würde, weil er sich niemals »ihrer« Agenda unterwerfen würde.

Antiimpfen als Ideologie – wie soll dort ein Gespräch möglich sein, wie sollen Argumente ausgetauscht werden? Denn Argumente gäbe es: die Ängste und Sorgen, die Zweifel, die Beispiele aus den vergangenen sieben Monaten, das unzureichende Wissen. Darüber ließe sich sprechen, das ließe sich ernst nehmen. All die Skepsis kann ins Verhältnis gesetzt werden zu den 4,2 Millionen Toten, den Long-Covid-Fällen, die Entscheidung kann gefällt werden, eine Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Aber wie mit denen umgehen, für die Impfen eine böswillige Absicht der als feindlich wahrgenommen Seite ist? Sollen sie verloren gegeben werden? Tragen sie allein Verantwortung für ihre Überzeugung? Was ist mit den youtubes, telegramms, Querdenkenvordenkern, den emeritierten Schwurbelprofessoren, den FoxNews und Globulinenas? Sollten sie zur Verantwortung gezogen werden, wie?

Und wieso sollte die Gesellschaft Rücksicht nehmen auf die Anti-Überzeugten? Wie lange sollte sie das? Bis wann soll die Solidarität mit den freiwillig Ungeimpften anhalten? Ab wann ist eine Impfdiskriminierung legitim? Oder sollte gar nicht mehr unterschieden werden, sollten die Ungeimpften wie die Geimpften behandelt werden, wohlwissend, welchem Risiko sie sich aussetzen? Der Umgang, die Argumente, der Druck, die Trennung, der Verzicht – das werden einige der härtesten, belastendsten Fragen der nächsten Monate sein, für alle zusammen, für jeden, der einen oder eine überzeugt Ungeimpfte persönlich kennt.

Ansonsten: In Großbritannien sinken die Deltazahlen. Wegen des Mangels an medizinischem Sauerstoff übernimmt in Tunesien das Militär die Verteilung. Nachdem Nena bei einem Konzert ihre Fans dazu aufruft, das Hygienekonzept zu missachten, bricht der Veranstalter den Auftritt ab.

25. Juli | schweißgebadet

Manchmal wache ich (schweißgebadet) auf und denke: Was, wenn Covid harmloser als die Grippe war? Was, wenn Masken nicht nur nicht helfen, sondern zum Ersticken führen? Was, wenn der Lockdown mehr Tode verursacht hat als verhindert? Was, wenn die Impfungen mehr Schaden anrichten als die Krankheit? Was, wenn meine Meinung, die ich mir in den letzten achtzehn Monaten gebildet habe, meine Einstellung, die die Summe all meiner Beobachtungen ist, sich als falsch herausstellen sollte, wenn ich widerrufen und Abbitte leisten müsste, schweißgebadet.

Ansonsten: Helge Schneider bricht ein coronakonformes Strandkorbkonzert ab. In Frankreich protestieren 100000 gegen die Verschärfung der Coronamaßnahmen. In den Überflutungsgebieten bewerfen einige Querdenkerinnen Rettungsfahrzeuge mit Müll. Nachdem Präsident Bolsonaro sagte, dass man sich durch Impfstoffe in einen Alligator verwandeln könnte, wird es in Brasilien zum Trend, im Alligatorkostüm zur Impfung zu erscheinen.

23. Juli | nächstes

Ein Vorgriff auf den 24., da ich die nächsten Tage nicht zum Schreiben kommen werde. Die vorletzte gesamtheitliche Aufzeichnung eines Coronamonats und so richtig kann ich nicht beurteilen, was ich eigentlich geschrieben habe. Was war Punkt der vergangenen 30 Tage? Ging es um den Tiefstand der Zahlen und die Rückkehr zur Normalität? War es ein stilles Steigen und damit der Übertritt in eine nächste Phase? Ist das Erahnen und das Starren darauf nicht schon mindestens zwei Mal geschehen, was kann ich dem Neues abgewinnen?

Meine Betrachtungen scheinen mir ausgeschöpft. Die zweite Impfung ist geschehen, wie weit verbindet sich meine Geschichte noch mit der Pandemie, so, dass es notwendig ist, darüber zu schreiben? Soll es jetzt darum gehen zu beschreiben, wie es gelingt, das Virus in einen geordneten Alltag zu integrieren?

Zwei persönliche Sachen werden meine nächsten Monate bestimmen, beide finden auf einer Metaebene statt. In einer Woche eröffnet eine Doppelausstellung, die ich gemeinsam mit Yvonne Andrä gestalte, eine Hälfte gehört den Coronamonaten. Ich werde diese Aufzeichnungen in ein Schloss hängen. Damit habe ich mich die letzten Wochen beschäftigt, mich durch anderthalb Jahre gearbeitet, durch 800 Seiten Text, die vielen Fotos, all dem Festgehaltenen Worte und Bilder entnommen, die mir beispielhaft scheinen für die Zeit. Ob die Vorstellung aufgeht, werde ich ab dem 31. Juli sehen.

Voraussichtlich Ende des Jahres werden diese Aufzeichnung als Buch erscheinen. Auch dafür habe ich mit einer Sortierung begonnen, weil es dafür eine Auswahl braucht, auch ein Überprüfen und Streichen. Wie sich 18 Monate komprimieren lassen, wie sie die Redundanz erzählen, ohne sich in Wiederholungen ergehen, wie sich meine Wahrnehmung, meine Bewertung im Rückblick liest, welche Fehlannahmen ich mir zugestehe, all das werde ich in nächster Zeit entscheiden. So gleiten die ewigen Coronamonate allmählich in die Vergangenheit, werden zu etwas Geschehenen, obwohl mir bewusst ist, dass nicht vorbei ist, was bisher war, dass ich es aber brauchen werde, diesen Abstand, auch einen Abschluss.

Ansonsten: Querdenkerinnen begeben sich in die Gebiete der Flutkatastrophe. Wegen einer Sicherheitslücke stoppen Apotheken die Ausstellung von Impfzertifikaten. Der Militärkonvoi aus Bergamo. Bevor sie beatmet werden, bitten sie um die Impfung. Warum die amerikanischen Republikaner plötzlich die Impfung empfehlen. (Ihre ungeimpften Wählerinnen sterben an Delta)

22. Juli | Inzidenz 800

Die Zahlen steigen, die Verdopplung folgt den Gesetzmäßigkeiten. Infektionen bei 2000, dann 4000, dann 8000, 16000, 32000 usw. Modelle werden berechnet, Szenarien erstellt, der Bundesgesundheitsminister erklärt, die 200 sei die neue 50 und warnt vor einer Inzidenz von 800 im Herbst, das wäre die alte 200.

Ich verteidige die Szenarien, weiß, dass sie eine Methode sind, um Erwartungen an die Zukunft zu formulieren, weiß, dass ein Szenario nicht DIE Zukunft sein kann, sondern eine an von vielen möglichen Zukünften zeigt, dass ein Szenario abhängig ist von den Faktoren, die dafür gewählt werden, dass die Inzidenz 800 eben diese wenigen Faktoren zur Grundlage der Annahme macht.

Und doch, im Gegensatz zu den bisherigen Wellenbeginnen, schaue ich diesmal anders auf die erwarteten hohen dreistelligen Zahlenmengen. In meine Bewertung fließen die Beobachtungen aus den letzten 17 Monaten ein: die Beobachtung, dass sich Zahlen nur bis zu einem bestimmten Punkt frei entwickeln, dass dann Kräfte eintreten, welche das Steigen bremsen. Noch bevor Maßnahmen verordnet werden, verändert sich schon das Verhalten der Menschen. Sie sehen die Zahlen, das Steigen, sie nehmen von selbst Abstand voneinander. Weil die Zahlen wachsen, bremsen sie sich irgendwann ab.

Das ist mein Blick auf die Inzidenz 800. Dass ist die Hoffnung. Der Herbst wird ein anderer sein als vor einem Jahr, auch, weil die Auswirkungen der Zahlen andere sein werden; andere Infizierte, andere Verläufe, andere Reaktionen. Mein Herbst ist voller Pläne, ein Nachholen der letzten anderthalb Jahre. Ich weiß, wenn die Inzidenz 800 käme, nicht die Schlachthöfe oder Baumärkte wären die gesperrten Orte, sondern dort, wo ich beabsichtige zu sein. Auch deshalb dieser Blick, die Annahme der Selbstregulierung, das Vertrauen darauf.

21. Juli | Ungeordnetes

In Weimar steht seit Tagen die Inzidenz bei Null; Null Infektionen, Null aktive Fälle, Null Corona trotzdessen, dass die erlebnishungrigen Touristenströme längst wieder die bekannten Wege entlangfließen.

Zwei Wochen sind seit meiner Zweitimpfung vergangen; die Tage danach schlapp und erschöpft gewesen. Jetzt kann ich wohl schreiben: keine Impffolgen, nun bin ich pandemiesicher, zwar nicht sicher vor einer Ansteckung, aber vor einem schweren Verlauf.

Das Bundesland mit der niedrigsten Inzidenz ist Sachsen und das ist, nach all den Nachrichten über Sachsen, eine Nachricht, die hier stattfinden soll. Ich war nie ein Freund der These, dass hohe Inzidenzzahlen an das Wahlverhalten geknüpft sind, weil wenn, was würden dann diese Tage über die 27,5% erzählen?

Ansonsten: Der Schöpfer des Christian-Drosten-Räuchermännchens lässt sich das Design beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen. Über eine Millionen Kinder haben weltweit mindestens ein Elternteil in Folge der Pandemie verloren. Seit dem Tag des EM-Sieges haben sich in Rom die Infektionszahlen verfünffacht. 2020 sinkt die Lebenserwartung in den USA um anderthalb Jahre; der höchste Rückgang seit 1942. Eine Auswertung der Daten zur Übersterblichkeit kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der Coronatoten in Indien vier- oder fünf Mal höher ist als die gemeldeten 400000 Toten. In dem von der Flut stark betroffenen Ahrtal fährt nun ein Impfbus. Hostie und Impfen im Stephansdom.

19. Juli | Pandemie der Ungeimpften

Der Satz geht mir nicht aus dem Kopf: Wir befinden uns jetzt in einer Pandemie der Ungeimpften. Bis Ende 2020 galt das für alle. Niemand war geimpft. Ein halbes Jahr später sind 2 Milliarden Menschen mindestens einmal geimpft, eine beeindruckende Zahl. Aber das heißt auch: Über 5 Milliarden sind es überhaupt nicht. Und schaue ich auf die Verteilung der Impfungen, sind es überwiegend die ärmeren Länder, in denen diese 5 Milliarden zuhause sind, eine gigantische Kluft tut sich auf.

Bei aller Kritik daran bin ich erleichtert, in einem reichen Land zu leben, das sich die Impfstoffe leisten kann, es sich leisten kann, mich, der zu keiner Risikogruppe gehört, schon jetzt zu impfen. Wären die Impfstoffe nach ihrer Bedürftigkeit verteilt, würde ich zu den Milliarden gehören, die erst noch geimpft werden, höchstwahrscheinlich erst im nächsten Jahr. Und so bin ich froh, geimpft zu sein, weiß, dass es wenig sinnvoll wäre, aufgrund meiner Kritik an der Ungerechtigkeit auf meine Dosis zu verzichten und weiß genauso um die Ambivalenz, ohne wirklich etwas dagegen zu tun oder tun zu können.

Der Blick geht zu den Ungeimpften im Land, jene, die noch keine Termine hatten, jene, denen es schwerfällt, sich zu organisieren, jene, die sich bewusst gegen eine Impfung entscheiden und die große Gruppe, denen es nicht gestattet ist, sich impfen zu lassen. Jede der Gruppen verdient eine eigene Betrachtung, eine eigene Bewertung. Doch sie alle sind jene, die die Pandemie der Ungeimpften ereilen wird.

In den Niederlanden, in Spanien, in Großbritannien färben sich die Inzidenzkreise schwarz, dort, wie die Maßnahmen nicht mehr gelten, wo Tage der Freiheit ausgerufen werden, die Diskotheken offen, die Masken gefallen. Und auch wenn ich die Zahlen anders sehen muss, sind diese Zahlen, die trotz der vielen Impfungen geschehen, etwas, das mich ratlos macht. Ratlos, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie die Zahlen gesenkt werden können.

Auch hierzulande. Die Zahlen sind im exponentiellen Wachstum, Inzidenz 10 heute, nichts, was wirklich besorgniserregend wäre, in einigen Wochen wird bei dieser Geschwindigkeit eine weitere 0 hinzukommen, die Verdopplung hineingetragen in den Herbst, wenn die Schulen wieder beginnen, die Sonne schwindet und das Draußen allmählich verlöscht. Und wie dann reagieren? Wie die 100, die 200 drücken? Ein neuerlicher Lockdown, ein Schließen und Runterfahren? Ist das realistisch, im Monat der Wahl, nach achtzehn Monaten Pandemie, werden die 60-65% der Vollgeimpften, jene, die auf der sicheren Seite sind, noch einmal bereit sein, sich einzuschränken?

Meine Vorstellungskraft reicht dafür nicht und im Grunde kann ich es auch verstehen. Ich will das ja auch nicht; die mühsam zurückgewonnenen Räume aufgeben, die organisierten Veranstaltungen, die Pläne, Treffen und Umarmungen, ganz sicher nicht für die, die sich der Impfung bewusst entziehen.

Dabei wäre es jetzt schon möglich, diesen Herbst zu vermeiden: Die einfachen Maßnahmen beibehalten, die Kontaktverfolgung, die verpflichtenden Tests für jene, die nicht geimpft sind, das würde helfen, bei allen nachlässigen Momenten, grundsätzlich nicht alles über Bord werfen, nur weil zwei Mal eine Nadel in den Oberarm stach. Ich möchte sie mir nicht vorstellen, die Pandemie der Ungeimpften, weder hier noch anderswo.

Ansonsten: Die britische Regierung hebt fast alle Coronamaßnahmen auf. Der britische Premier begibt sich in Quarantäne. Ein irischer Athlet beweist mit einem Sprung auf ein Cardboardbett im Olympischen Dorf, dass die Geschichte von angeblichen Antisex-Betten zum Schutz vor Infektionen ein Hoax ist. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion schlägt vor, dass Impfverweigerer zukünftig für Tests zahlen sollten. Wegen der rasch steigenden Zahlen gehen in Myanmar Freiwillige von Haus zu Haus und holen die Toten ab.

18. Juli | abgehangen

Das meterhohe Hygienepiktogramm, das ein Jahr lang beim Bauhaus-Museum hing und über coronakonformes Verhalten informierte, ist nun abgenommen. Einige Meter weiter in den Park auf der Seebühne spielt ein Jugendorchester ein freies Konzert für alle; Hunderte gruppieren sich um das Wasser, Picknick auf der Wiese, meine erste Großveranstaltung seit über achtzehn Monaten.

Ansonsten: Erste Coronafälle im Olympischen Dorf. Im Olympischen Dorf werden sogenannte Antisexbetten aufgestellt, um Infektionen zu unterbinden. Proteste in Frankreich gegen strengere Regeln wie Impfpflicht und Impfnachweis. Der nordrhein-westfälische Familienminister fordert einen »Tag der Freiheit«, an dem alle Beschränkungen aufgehoben werden und alle für sich selbst verantwortlich sind und schlägt dafür den 3. Oktober vor.  4,2 Millionen Coronatote weltweit.

17. Juli | Geldtransfer

Sie sagt, sie finde in letzter Zeit vermehrt Zehn-und-zwanzig-Euroscheine auf der Straße, Geld, das den Leuten aus den Hosentaschen fällt, wenn sie ihre Masken herausziehen.

16. Juli | Aussöhnung

Ein interdisziplinäres deutsch-österreichisches Autor*innenkollektiv setzt unter dem Schlagwort »Corona-Aussöhnung« eine Webseite auf, veröffentlicht dort eine ausführliche Stellungsnahme. Ich bin interessiert, lese kurz hinein, überfliege. Was ich mitnehme, ist eine Bestandsaufnahme von Diskussionspunkten über Fakten und Vermeintliches, der Blick scheint durchgängig der von Maßnahmenkritikerinnen zu sein. Ich bin enttäuscht, nicht, weil ich die Darstellung der Informationen bewerte, sondern weil ich mir Auskunft erhofft hatte, wie eine Corona-Aussöhnung aussehen könnte.

Aussöhnung, was könnte wichtiger sein, denke ich, miteinander reden, sich nicht in Echokammern verkriechen, gerade nach den letzten siebzehn Monaten. Meine unmittelbare Reaktion ist Zustimmung. Direkt im Anschluss folgt der – leicht empörte – Gedanke: Warum sollte die Versöhnung von mir ausgehen? Ich war doch immer auf der richtigen Seite. Wenn, dann sollten sich die anderen auf mich zubewegen! Das ist natürlich Quatsch, denke ich sofort danach, was für Seiten, wieso sollte ich immer richtig gelegen haben, da ließen sich etliche Gegenbeweise führen, was bedeutet richtig im Zeitalter der Ambivalenzen. Aber grundsätzlich fühle ich schon so, bin davon überzeugt, wie auch sonst könnte ich ansonsten durch diese Zeit gehen?

Und – mit wem wöllte ich mich denn versöhnen? Sicher nicht mit Attila Hildmann, Sucharit Bhakdi oder Ken Jebsen. Mit wem dann? Ist es ein allgemeines Friedenschließen mit den Querdenkern? Den Coronaleugnerinnen? Wo fangen die Seiten an, die ich in richtig und falsch unterteile? Die Echsenmenschen gehören dazu, 5G, die Gates-Chips, all die offensichtlichen X-Files. Was ist mit denen, die wissentlich oder nicht falsche Zahlen zu Impftoten in die Feeds hämmern? Wie ist es mit der Grippefraktion, jene, die weiterhin die Grippewelle von 2017/18 als Bezugspunkt für die Pandemie nehmen? Die in den Zahlen zur Übersterblichkeit versinken, der Intensivbettenbelegung? Was ist mit denen, die Studien zur Gefährlichkeit von Masken zitieren? Die für Schulöffnung plädieren? Gibt es da nicht genügend Grautöne, die zumindest einen Dialog zulassen sollten?

Letztlich werde ich mit den allermeisten niemals sprechen, mich niemals aussöhnen müssen. Letztlich kann ich diese Diskussionsmuster dort verbuchen, wo auch die Fridays-For-Hubraum-Leute stecken. Ich weiß, sie gibt es, ich ignoriere sie, zu wenig kostbare Minuten, um sie in diese Aufmerksamkeit zu stecken.

Nein, letztlich geht es um die Menschen, die ich persönlich kenne, mit denen ich bisher Zeit verbrachte und es weiterhin möchte. Dort wäre eine Möglichkeit des gemeinsamen Sprechens notwendig. Doch ich weiß nicht, ob ich von Aussöhnung sprechen würde. Geht es darum, einen Teil des Anderen, den ich als übel und gefährlich empfinde, den ich nicht in Einklang bringe mit der Person, hinzunehmen, ihm eine geringere Bedeutung zuzusprechen als den großen Rest? Doch was, wenn es mir scheint, dass dieses Denken weit in den Charakter strahlt, den Charakter vielleicht bestimmt? Wie viel nehme ich hin, was bin ich bereit zu akzeptieren für eine gemeinsame Zeit?

Vielleicht ist die realistische Möglichkeit der Aussöhnung das Vermeiden von Sprechen, so lange, bis genügend Jahre vergangen sind, bis es unwichtig wird, was wir 2020 über eine von einem Virus bedrohten Gesellschaft dachten, die Entscheidungen treffen musste. Vielleicht geht es um eine selbstgewählte Blindheit.

Doch fürchte ich, wird es so einfach nicht sein. Ist das Sprechen über die Pandemie auch ein grundsätzliches Sprechen über die Welt. Heute sprechen wir über das Hochwasser in NRW, das Sprechen wiederholt sich, die Bewertung von Fakten, das Verteilen von Informationen, die Empörung, die Häme, das Lügen, das Zaudern, gleiche Wortketten, wieder und wieder, Aussöhnung, wieso sollte ich das wollen?

Ansonsten: Den vierten Tag in Folge wird aus Russland ein Höchstwert an Coronatoten gemeldet. Wegen der hohen Infektionszahlen müssen in Großbritannien zunehmend mehr Arbeitnehmer in Quarantäne gehen, so dass die Wirtschaft vor Produktionsausfällen warnt. Ein Landwirt im Münsterland fräst in sein 25000 Quadratmeter großes Maisfeld ein Labyrinth in der Silhouette einer Coronaimpfaktion. Der R-Wert liegt in den Niederland bei 3. Die Direktorin der amerikanischen Seuchenbehörde spricht angesichts der aktuellen Zahlen von einer »Pandemie der Ungeimpften«. Während der vier EM-Partien in Kopenhagen wurden bei 150 Menschen Infektionen festgestellt, weniger als erwartet. Im Uganda stoppt die nationale Arzneimittelbehörde den Vertrieb eines Kräuterheilmittels zur vermeintlichen Behandlung von Covid19. Das britische Parlament beschließt eine Impfpflicht für Pflegekräfte. Die Bundesregierung will nach Informationen den Einbau von Luftfiltern in Schulen mit zweihundert Millionen Euro fördern. In einem Dorf bei Görlitz lassen sich 200 Menschen mit dem nicht zugelassenen Impfstoff von Winfried Stöcker impfen.

15. Juli | eine der guten Seiten

Auf dem Teich im Park ist eine Seebühne aufgebaut. Seit einigen Tagen probt dort nachmittags ein Kinderorchester. Draußen kann es das; zu den Klängen von Ode an die Freude trägt der Sommerwind die feindlichen Aerosole aufs Wasser hinaus.

14. Juli | Tag im Juli

Eine Bundestagsabgeordnete schlägt vor, dass, wenn Eltern in den Klassenzimmern ihrer Kinder Luftfilter haben wollen, sie diese mitbezahlen sollen, der Ortsverband einer andere Partei spricht von Allgemeinen Lebensrisiko, wenn es um ungeimpfte Kinder geht, Sucharit Bhakdi sagt, dass die Juden durch die Impfungen Israel in eine living hell verwandelt haben, schlimmer als Deutschland damals, und im amerikanischen Bundesstaat Tennessee stoppt die republikanische Regierung das Impfen für Jugendliche gegen Covid19 und alle weiteren Krankheiten.

13. Juli | kleines Pandemie 1×1

Ich lese den gestrigen Eintrag und frage mich, wie oft ich diesen schon geschrieben habe; das besorgte Feststellen steigender Zahlen, das Unverständnis über unzureichende Maßnahmen, das Benennen von Leerstellen, ein Unken in die Zeit hinein.

Bin ich es, der die immergleichen Gedanken dazu habe? Oder ist es die Situation, die sich wiederholt und wiederholt, mit kleinen Abweichungen stets, aber im Grunde sehr ähnlich? Oder sollte ich mir nicht mindestens einmal eine gänzlich andere Einstellung zulegen, das Steigen entspannt sehen, gerade in dieser vierten Welle, in der den Zahlen ja ohnehin eine andere Bedeutung zukommen wird?

Ich schreibe von fehlenden Luftfiltern in Schulen. Meine ich das erneut als Symbol für eine fehlende gesellschaftliche Übereinkunft, Kinder und Jugendliche als Gefährdete anzusehen, als wütendmachendes Beispiel dafür, dass wieder Konzepte erstellt werden, in denen die Jüngeren keine Rolle spielen, obwohl sie das in der vierten Welle im Besonderen werden? Oder meine ich das konkret, glaube ich tatsächlich, dass ein Luftfilter in jedem Klassenraum den notwendigen Schutz schon garantiert?

Und ansonsten: Was wäre eine angemessene Reaktion auf das Steigen? Ich will ja auch keine geschlossenen Freibäder und ausfallende Veranstaltungen und Kindergärten in Notbetreuung. Das nicht. Aber wie Sachsen die Maskenpflicht aufheben? Wie NRW die Kontaktverfolgung unterlassen? Natürlich kann ich mir vorstellen, weiterhin die Masken zu tragen, ganz grundsätzlich auf Abstand zu achten, zu desinfizieren, das kleine Pandemie 1×1. Das ist antrainiert, manchmal lästig, aber nichts, was besondere Anstrengung kostet, bei allen Momenten, in denen es lässig wird.

Wenn es von mir ausgeht, ist das zu schaffen. Schwieriger sind die sozialen Situationen, die nun vermehrt wieder auftauchen – wenn mir Hände entgegengestreckt werden, sich interessante Gespräche auf engem Raum anbahnen, Veranstaltungen, auf denen ich bin und zu viele andere – dann fehlt mir oft die Durchsetzungskraft, nicht selten der Wille, das 1×1 durchzuhalten.

Vielleicht ist das Wechsel im Eintrag, die Herausforderung der nächsten Monate: zu wissen, dass ich die Pandemie anders sehen sollte als in den 17 Monaten zuvor und mich dennoch erinnere, was war.

Ansonsten: Israel beginnt mit einer dritten Dosis zu impfen. In Deutschland starten Drive-in-Impfen und Impfen-to-go. Sachsen hebt die Maskenpflicht in Geschäften auf. In der EU sind mehr als die Hälfte der Erwachsenen vollständig geimpft. In Seoul dürfen in Fitnessstudios beim Gruppentraining keine Lieder mit mehr als 120 BPM gespielt werden. Griechenland verbieten das Tanzen für Touristen.

12. Juli | erneutes Steigen

Nach Monaten des Fallens steigt die Inzidenz, mehrere Tage in Folge nun schon. Die Zahlen sind niedrig, die Wachstumsrate ist es nicht. Es tritt ein, was in anderen Ländern geschehen ist. In den Niederlanden steigen die Zahlen von 500 auf 7000 innerhalb von zwei Wochen, fegen die Ansteckungen besonders durch die Gruppen der Jüngeren.

Das ist Delta, es sind die Lockerungen, das, was gerade auch hier geschieht. In seinem Bundesland schafft Bundeskanzler Laschet die Kontaktnachverfolgung bei einer Inzidenz von unter zehn ab, ein Beispiel von vielen. Ein anderes Beispiel von vielen habe ich am Wochenende erlebt, war selbst dabei, der Status geimpft funktioniert als Schutzzauber für die notwendige Nähe.

Wie ein Mantra die Aussage, dass die 7-Tages-Inzidenz als Referenz ausgedient habe. Denn die geimpften Angesteckten kommen meistens davon. Aussagekräftiger seien die Krankenhauszahlen, die Zahlen der ungeimpft Angesteckten und da besonders die Zahlen der Kinder und Jugendlichen.

Aber wird wer auf diese Zahlen schauen? Würde tatsächlich noch ein Fußballendspiel ohne Zuschauer ausgetragen werden, wenn die Inzidenz der 0-12 Jährigen über 165 läge? Ist es nicht längst abgemachte Sache, dass der einzige Luftfilter in Klassenzimmern das offene Fenster bleiben wird? Dass man das eine LongCovid-Kind pro Hundert in Kauf nimmt?

Jede Welle ist anders, jede Welle ähnelt sich. Das vierte Schwelen längst mehr als Rauch. Das erwartbare Steigen ist da. Was ist aus den Erfahrungen der letzten siebzehn Monate noch erwartbar?

Ansonsten: Wegen steigender Zahlen plant Frankreich eine Impfpflicht für das Gesundheits- und Pflegepersonal. Großbritannien plant eine Aufhebung fast aller Schutzmaßnahmen. Die Bundesregierung plant, die sogenannte Notbremse nicht mehr an eine Inzidenz von 100 zu koppeln. Der niederländische Premierminister entschuldigt sich für die Lockerungen. Zu einem »Impf-Frühschoppen« spielt die Stimmungskapelle des Musikvereins »Hoffnung« Hünsborn im Kreis Olpe auf.

11. Juli | Wembley

Am Abend die Bilder aus London, der Stadt, in der vor einem halben Jahr die Rettungswagen vor Notaufnahmen abgewiesen werden mussten: Männer, die versuchen, das Wembley-Stadion zu stürmen, andere Männer, die diese wegboxen, 60000 im Stadion, nah natürlich, maskenlos mehrheitlich, davor die Fanmeile, die Pubs, eine erst euphorisierte, dann frustrierte Masse, über jedem mit Flaggenfarbe bemalten Kopf schwebt ein R-Wert jenseits der 1. Ein gar nicht mal so komplexes Zusammenspiel zwischen denen, die diese Räume schaffen und gewähren und jenen, die diese Räume nutzen. Es gäbe verschiedene Blicke darauf; als Blick auf ein Fußballfest, ein Blick auf die Gewalt, an diesem Ort ein pandemischer Blick. Jemand schlägt vor, die Delta-Mutante zur UEFA-Variante umzubenennen.  

10. Juli | Tage der Ambivalenz

Am gestrigen Morgen hustend und mit erhöhter Temperatur erwacht. Unter keinen Umständen würde ich diese unrelevante Zustandsbeschreibung schriftlich festhalten und schon gar nicht ins Außen geben. Nur erinnere ich mich hustend und schwitzend an die letzten Tage und die Situationen, in denen ich mehrmals alles andere als fern zu anderen war, all die überfüllten Nahverkehrstransporte, die Vier-Augen-Gespräche, die gelüfteten Masken, die Aerosoloptionen, die Umarmungen, auch Handschläge und denke zugleich an die kommenden Tage, an die geplanten Veranstaltungen, die Fahrten dorthin, die Begegnungen.

Und dann wird der trockene Hals, das Symptom aller Symptome, relevant. Und ich weiß: Ein Selbsttest bringt keine Gewissheit. Doch lasse ich mich testen, verliere ich Zeit, die ich an diesem Freitag nicht habe. Doch teste ich nicht, wie wäre die Zukunft zu verantworten? Ich rede mit mir selbst über die Nachwirkungen der Impfung, über die weiterhin niedrige Inzidenz und die damit verbundene Wahrscheinlichkeit, rede über ähnliche Situationen, rede mir ein, dann eben zukünftig besonders umsichtig zu sein.

Aber das Selbstgespräch funktioniert nicht. Es wäre ein feiges, bequemes Auslassen. Ich lese, dass mit Covidsymptomen ein Testzentrum nicht betreten werden darf. Aber wie finde ich dann heraus, ob ich mich angesteckt habe? Sollte ich meine Symptome verschweigen und wie üblich zum Testen gehen? Ich wähle die Nummer der Weimarer Corona-Hotline. Ein Mann fragt Fragen und fünf Minuten später habe ich einen Testtermin für die besonderen Fälle.

Einmal durch den Dauerregen, einmal ein Satz Kleidung durchnässt und ich stehe am Testzentrum. Abseits des Haupteingangs wird mir eine geheime Tür geöffnet. Ich werde zu einer Extratrennwand geführt, die, wie mir scheint, besonders sorgsam eingepackte Ärztin hat dort einen Extratest vorbereitet. Nachdem sie meinem Körper organisches Material entnommen hat und es in eine rüttelnde und mischende Maschine gegeben hat, sagt sie: »Sie werden wollen, dass die Maschine neun Minuten arbeitet. Sollte es anders sein, nicht in Panik verfallen.«

Ich warte diese neun Minuten und verfalle in nichts außer Lethargie und dann kommt die Ärztin, entnimmt die Probe mit meinen Partikeln und liest daran ab, dass ich nicht angesteckt wurde. Negativ als erneutes Glücksmoment; die letzten Tage habe ich alles richtig gemacht; gesund geblieben, niemanden in Gefahr gebracht und dennoch das Leben in vollen Zügen genossen. Nun beginnt erneut die Zukunft, die nicht beeinträchtigt ist von den Lastern der Vergangenheit.

Schon am Abend tut sie das. Die erste Lesung seit zehn Monaten. Entsprechend zehn Mal so groß sind die verschiedenen emotionalen Zustände, die sich auch sonst vor einer Veranstaltung gegeneinander peitschen. Die Lesung ist auf einem Dorf, in einer Scheune, auch dort der erste Termin seit dem letzten Jahr. Rasch füllt sich die Scheune, bis auf den letzten Platz möchte ich schreiben und hinzufügen, dass das Einzige, was sich hier ein Meter fünfzig auf Abstand hält, die prächtigen Obstbäume im wunderschönen Garten sind.

Ich könnte natürlich entspannt sein: ich bin geimpft und getestet. Ich habe mit Verantwortung gehandelt. Zugleich ist dieser Abend gleich der nächste Prüfstein. Es ist unmöglich, sich im netten Miteinander und den nötigen Gesprächen deltakonform zu verhalten. Die einzige verantwortungsvolle Konsequenz wäre ein Vermeiden des Abends. Ich erwäge das, eine Sekunde vielleicht. Dann entscheide ich dagegen, weil ich gegen das Vermeiden diesen Abend stelle, die zehn Monate stelle, das bisherige Glück, vor allem die Inzidenz im Landkreis: 0 im Sinne von 0 Infektionen in den letzten 7 Tagen.

Der Satz »Ich bin schon geimpft« wird wie ein Schutzzauber beschworen und ich nicke, weil ich weiß, dass eine Impfung kein Zauber ist, aber Schutz und ebenso weiß, dass sie keine Garantie ist und lange nicht sein wird. Ich frage mich, wie es den anderen geht, wie locker sie sind, wie entspannt sie einfach die Wahrscheinlichkeit auf ihr Verhalten legen, ob es mich wahnsinnig hölzern macht, ständig solche Überlegungen anstellen zu müssen, wie inkonsequent es ist, ständig so zu denken und doch, wenn es darauf ankäme, anders zu handeln, ob das Schreiben darüber nicht eine nachgeschobene Entschuldigung ist, ob es nicht einfach so weitergehen wird – trotz schlechtem Pandemiegewissen Nähe suchen – wie diese anstrengenden Tage der Ambivalenz sich ausgehen auf Dauer.

Ansonsten: Den vierten Tag in Folge steigt die 7-Tages-Inzidenz. 35 Millionen Deutsche sind vollständig geimpft, knapp 60% mindestens einmal. Die Londoner Polizei bittet Fußballfans, sich am morgigen Endspiel nicht in größeren Gruppen zu sammeln. Biontech empfiehlt ab Herbst eine dritte Impfung. Ein deutlicher Geburtenrückgang in der EU und der USA aufgrund der Pandemie. Bei der Olympia in Tokio werden Zuschauer nicht zugelassen. Mallorca wird zum Risikogebiet erklärt. Im vergangenen Jahr verzeichnet die EU die höchste Sterberate seit Beginn der Aufzeichnungen, 2020 stieg die Zahl der Todesfälle im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent.

08. Juli | Mutantenalphabet

Gestern eine Auszeichnungsveranstaltung, die schon im letzten Jahr hätte geschehen sollen. Die Feier findet in einem Kloster statt. Zutritt mit Anmeldung, Eintragen auf einer Liste, am Eingang eine Box mit OP-Masken, die in der Kirche getragen werden, auf den Sitzbänken der bekannte Abstand. In den Reden – auch meiner – ist Corona Thema, unterschiedliche Aspekte werden jeweils betont. Zur Urkundenüberreichung nehme ich die Maske ab, beim Gang zurück zum Sitz setze ich sie wieder auf, beim Pressefoto wird der Abstand ins Bild hineingeschrieben.

Danach im halboffenen Klostergang, wo es Häppchen, Wein und Gespräche gibt, entfällt die Maskenpflicht. Auch hier ist Coronathema. Beim Sprechen mit vielen steht man sich frontal gegenüber, auch Umarmungen, nicht wenige deuten zuvor auf ihren Oberarm, als Zeichen, dass man geimpft ist und die Gefahr damit minimiert.

In der Kirche, beim Sitzen und Schweigen Masken, später beim Sprechen und Nahesein keine Masken. Der Unterschied ist die Belüftung. So oder so gibt es eine Diskrepanz im Umgang mit Corona im Offiziellen und im Halbprivaten, eine Diskrepanz, die nachvollziehbar ist und in die mich begeistert hineinbegebe, aber immer eine Diskrepanz.

Später, auf dem Heimweg mit der Unsterblichkeitsblume im Kofferraum, frage ich mich, wie lange dieser Zustand anhalten wird, ob es nicht über viele Monate, vielleicht Jahre hinaus im Offiziellen diese Maßnahmen geben wird – die Masken, der Abstand, das Achten – und anderswo nicht mehr. Das Mutantenalphabet ist umfangreich, gerade tritt mit Lambda der nächste Buchstabe auf den Plan. Vielleicht war diese so oft verschobene Auszeichnungsveranstaltung Blaupause für die nächste Zeit.

07. Juli | Produktion

Über Nacht produziert mein Körper vermehrt Antikörper, glücklicherweise, nicht immer nur angenehm.

06. Juli | zweite Impfung

Heute meine zweite Impfung. Wieder die Fahrt nach Gera, ins Impfzentrum Ostthüringen, das in der Panndorfhalle gelandet ist. Der Weg dahin, auch die Abläufe darin vertraut. An den Wänden der Kabinen hängen Zettel, auf denen die Tage angegeben sind, wann die verschiedenen Impfstoffe verimpft werden, für AstraZeneca ist nur ein Tag vorgesehen. Andere Zettel informieren »In wenigen Schritten zum digitalen Impfausweis«.

Ich gehe die einzelnen Stationen ab, weiß, was mich dort erwartet, was von mir erwartet wird. Was geschieht, geschieht routiniert, deshalb anders als im Mai. Doch nicht nur mein Blick auf das Besondere fehlt. Noch etwas ist verändert. Eine gewisse spielerische Nachlässigkeit an einigen Stationen, ich kenne das von früheren Arbeiten im Servicebereich. Was anfangs noch außergewöhnlich ist, wird alltäglich. Um das Gewohnte abwechslungsreicher zu gestalten, werden Spiele und Spruchabfolgen mit den Kolleginnen ersonnen, die nach innen gerichtet sind und den Kunden, die Besucherin, außenvorlassen. So wird an einer Station mein Impfausweis aufgeschlagen, die Mitarbeiterin sagt: » Ihh, das klebt schon wieder« und schaut zu ihrer Kollegin, ein Insiderwitz offensichtlich, der mich irritiert, weil: Was klebt und warum?

Im Zentrum des Zentrums, der Impfkabine, läuft diesmal keine Musik. Während im Mai der mich Impfende nett, aber unverbindlich war, spricht die junge Ärztin mit mir. Kleine Worte, ein Anschauen, ein Nachfragen, das Formulieren einer Hoffnung, ein Lächeln, das sich unter ihrer Maske ziemlich sicher abzeichnet. Auch das irritiert mich, weil ich mit dieser persönlich anmutenden Begegnung rausgerissen werden aus dem Impffließband, dieser Notwendigkeit.

Die sich anschließenden fünfzehn Minuten Warten verlaufen weitestgehend ereignislos. Die etwa vierzig Sitzenden starren mehrheitlich auf ihre Handys. Securitymänner mit verblassten Tattoos auf den Unterarmen lüften ihre OP-Masken, um aus Wasserflaschen zu trinken. Manche schreiten durch die Stuhlreihen, irgendwie unklar, was sie überwachen, irgendwie latent unangenehm. Einmal sagt einer: »Das Spiel heißt Folge den Pfeilen«, als ein älteres Paar den Weg zur Abmeldestation nicht findet.

AAls ich das Impfzentrum verlassen habe und vor dem Großen Haus des Geraer Theaters stehe, fällt mir ein, was ich vergessen habe. Ich habe der Ärztin keinen Dank ausgesprochen. Ich hätte Danke sagen sollen. Doch ich war überrascht, dass sie mich ansprach, dass sie mehr in mir sah als einen Vorgang, den sie an einem Tag hundert Mal vollzieht, mehr als einen Oberarm, in den sie sticht. Ich war so auf mein Inneres konzentriert, auf das Lauschen in mich hinein, das Warten auf einen besonderen Gedanken, dass ich das Äußere vergaß. Die Ärztin wird meinen Dank nicht vermissen. Doch im Moment des Impfens wäre ein Dank angemessen und angebracht wäre, ein kleines Zeichen, das ich ihr Sehen bemerke, das nichts von alledem selbstverständlich ist. Vielleicht liest sie diesen Eintrag, dann erreicht sie mein Dank, sehr wahrscheinlich nicht. Das ist, was ich bedauere bei diesem 2. Impfen.

Als ich zum Hauptbahnhof Gera laufe, leuchtet das neongelbe Papierbändchen, das die Securityleute zur Kenntlichmachung der Unbedenklichkeit meines Rucksacks dort anbrachten, hell in der Sonne. Ich werde es eine Weile lang nicht abnehmen, vielleicht in zwei Wochen, wenn ich pandemiesafe sein werde.

05. Juli | Nicken im Zeitstrahl

Die vergangene Woche mit raunenden Apokalypseerscheinungen: Feuerstürme, ein brennendes Dorf, Meer in Flammen, Schlammflut, Sturzflut, Ereignisse, die im Zusammenspiel der Extreme Fragen aufwerfen: Wie gehen wir damit um, zu wissen, dass die Katastrophen nicht erst in bequemen fünfzig Jahre kommen werden, sondern längst geschehen? Welche Meldungen davon erreichen uns, welche bringen uns aus dem Takt, welche nehmen wir hin, welche Geschehnisse führen zu einem veränderten Verhalten?

Das zu lesen und die Reaktionen von bestimmten Verantwortlichen darauf, z.B. dem wahrscheinlichen Kanzler, dies in Vergleich zu setzen mit den Reaktionen auf die Deltawelle; es gibt Gemeinsamkeiten, wie Gefahren gesehen werden, ob sie gesehen werden, welchen Stellenwert wissenschaftliche Erkenntnisse dabei erhalten.

Delta verbreitet sich, besonders an den Orten mit wenig Geimpften, in Afrika, Russland, in Ländern wie Australien, die bisher vergleichsweise gut durch die Pandemie kamen. Ein Vergleich mit Singapur, wo die Impfsituation ähnlich wie in Deutschland ist, gibt einen Blick auf eine mögliche Deltazukunft hierzulande. Vereinfacht gesagt: Geimpfte können sich infizieren, beenden aber die Infektionsketten. Bei den Ungeimpften findet durch Delta eine deutlich schnellere Verbreitung statt. Delta wird auch hier durch diese Gruppe fegen.

Ich lese, dass in Australien jeder die Gelegenheit zur Impfung erhalten soll. Ist das geschehen, wird Corona nicht länger pandemisch, sondern endemisch behandelt, als eine wiederkehrende Infektionskrankheit. Die Gesellschaft lebt dann mit dem Virus. Die Geimpften sind zu sehr hoher Wahrscheinlichkeit vor dem Schlimmsten geschützt; die Ungeimpften nicht.

Ich frage mich, ob das gerecht und angemessen ist. Schließlich hat jeder selbstbestimmt die Wahl zwischen Impfung oder Ansteckung. Dafür wird der pandemische Zustand mit den meisten Einschränkungen aufgegeben, die geimpfte Mehrheit erhält Freiheiten zurück. Gäbe es denn eine Alternative dazu? Sollte es weiterhin starke Einschränkungen geben um jene zu schützen, die sich nicht schützen wollen? Ist das vertretbar? Wie lange sollte dieser Zustand anhalten?

Vielleicht nicke ich an einem Punkt auf dem Coronazeitstrahl. Und denke, dass die große Leerstelle darin nicht die freiwilligen Impfschwänzer sind, sondern die unfreiwilligen Ungeimpften. Die mit den Vorerkrankungen, den Autoimmunkrankheiten und den Kindern, für die keine Impfmöglichkeit existiert. So lange es keine Wahl gibt zwischen Impfen oder Anstecken und in der Deltawelle alle Kinder unter 12 allein die Aussicht haben sich anzustecken, wie ließe es sich vertreten, Corona als beendet zu erklären, die Maßnahmen aufzuheben? Die Erkenntnisse zu Long Covid sind nicht eindeutig, ich lese viele Ableitungen. Eine Schätzung: Ein Kind von hundert erkrankt an LongCovid. Ist das etwas, das hinzunehmen ist?

Ansonsten: Die britische Regierung streicht die Maskenpflicht und Abstandregeln für die verbleibenden drei EM-Fußballspiele, indem sie diese zum Teil einer Studie erklärt. In der ersten Nacht, in der eine Disco in Enschede öffnet, infizieren sich von den 600 Gästen 165 mit Corona.

04. Juli | Impfschwänzer

Es gäbe einiges zu schreiben; über die erstmals wieder steigenden Zahlen, den Exitplan von Australien, Delta natürlich. Aber ich bin zu erschöpft in diesen ersten Julitagen, erschöpft für Ansonsten und greife nur ein Wort heraus: Impfschwänzer, die Diskussion darüber: Soll es für die Impfunwilligen Geld kosten, Impftermine verfallen zu lassen? Oder soll den Impfunwilligen Geld geboten werden?

02. Juli | Handreichungen

Heute wieder in sozialen Situationen gewesen, in denen mir die Hand gereicht wird mit den Worten: »Ich habe keine Angst. Und Sie?«

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